Buch: „Die rote Olivetti“ von Helge Timmerberg

DieRoteOlivettiDie Olivetti Valentino ist eine kompakte, mechanische Reiseschreibmaschine und wurde zwischen 1969 und 1975 hergestellt. Sie gilt als Meilenstein des Industriedesigns, wurde von zahlreichen Intellektuellen, vorwiegend des linken Spektrums, benutzt und wurde so zum Zeichen einer Antikultur. Der deutsche Journalist und Reisereporter Helge Timmerberg ist jahrelang mit einer roten Olivetti (und einer Gitarre) um die Welt gereist und hat seine Reportagen und Artikel darauf getippt. Nun hat er bei Piper so etwas wie den ersten Teil einer selektiven Autobiographie vorgelegt. Das Buch beschreibt seine berufliche und persönliche Entwicklung von Bielefeld, über Hamburg, Wien, München, Köln bis nach Havanna und endet im Himalaja. Dabei erzählt er von seiner journalistischen Arbeit für die deutschen Magazine stern, Playboy, Wiener, Tempo, Bunte und Geo.

Timmerberg berichtet von entscheidenden Karriereschritten, von den Zuständen und Verdienstmöglichkeiten in deutschen Magazinredaktionen der 1970er bis 1990er Jahre, von Partys, Drogen- und Frauenkonsum, von seinem wilden Leben in Mitteleuropa, Asien und in der Karibik. Sein Schreibstil ist wie immer präzise und mitreißend, die Inhalte spannend, lebenserfahren und sehr unterhaltsam. Timmerberg war früh vom Gonzo-Journalismus des us-amerikanischen Autors Hunter S. Thompson beeinflusst und übernahm eine etwas abgemilderte Variante davon in seine eigenen Reportagen. Dieser ungefilterten, sehr unmittelbaren Erzählweise ist er bis heute treu geblieben. In den besten Passagen entwickelt er so eine faszinierende Nahbarkeit und Echtheit, andererseits trifft man auch auf eine sympathische Variante von Egozentrik, gut getarnten Narzissmus und eine leichte Tendenz zur Beschönigung bzw. sehr gesunden Mut zur Lücke, aber das gehört vermutlich zur Grundausstattung guter Geschichtenerzähler und da befindet sich Timmerberg unter den vorderen Plätzen.

Man darf gespannt sein, ob es vielleicht noch zu einem zweiten Teil der Olivetti kommt („Silbernes Macbook“?), denn obwohl das Buch zum Ende hin den erzählerischen Kreis schließt, sind wir da noch nicht ganz im hier und jetzt angekommen und man kann nach der Lektüre eigentlich sicher sein, dass Timmerberg noch ein paar gute Geschichten übrig hat, die locker für eine Fortsetzung reichen.

Das gebundene Buch erscheint bei Piper, hat 236 Seiten und kostet 20 Euro.

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