Noten: „Kult Rock Songs der 1970er-Jahre“ von Susi Weiss (Hg.)

Die 1970er Jahre dürfen wohl zu Recht als Entstehungsjahrzehnt der klassischen Rockmusik angesehen werden. Die Spielarten von Rhythm & Blues, Rock & Roll, britischem Blues und poppigem Beat waren längst etabliert und nach Jimi Hendrix und der Auflösung der Beatles entwickelte sich mit The Who, Led Zeppelin, Black Sabbath und AC/DC die etwas härtere musikalische Gangart, die ohne große Umwege zu Hard Rock und Heavy Metal führen sollte. Eine gute Idee also eigentlich die prägenden Songs dieser Ära in einem Notenbuch aufzuarbeiten und zusammenzufassen. Die Pianistin Susi Weiss hat das für den DUX-Verlag getan. Im April 2017 erschien ihre Zusammenstellung „Kult Rock Songs der 1970er-Jahre für Klavier“. Darin enthalten sind Klaviersätze und Texte von genau 30 Songs. Notiert wurde akkurat in zwei Akkuladen mit Akkordbezeichnung in Kurzschreibweise (ohne Gitarrengriffe).

Die Auswahl ist allerdings deutlich weniger rockig ausgefallen als es der Titel vermuten lässt. Geboten werden in erster Linie Klavierpopballaden u.a. von Beatles, Rod Steward, Elton John oder Billy Joel. Sehr viele wirklich Rocksongs sind dagegen kaum zu finden. Gar keine Beiträge gibt es außerdem von Carole King, Tom Waits oder Leon Russell, dafür ein paar stilistische Ausreißer wie „Easy“ von den Commodores , „September“ von Earth, Wind & Fire oder „Thank you for the Music“ von ABBA. Die letztgenannten kann man nur mit sehr viel gutem Willen dem Genre Rock zurechnen.

Unklar bleibt auch welchen inhaltlichen Beitrag Susi Weiss eigentlich geleistet hat, denn immerhin ist sie bei allen Songs als Arrangeurin verzeichnet. Vergleicht man ihre Versionen mit den offiziellen Vocal/Piano-Songbooks, kann man zwar hier und da z.B. in den Basslinien minimale Abweichungen erkennen, im wesentlichen bleibt aber alles erhalten. Es lässt sich nicht einmal eine eventuell naheliegende und sinnvolle Vereinfachung feststellen. Tonart, Form, grundsätzliche Voicings bleiben in allen Fällen unverändert. Das schmälert nicht die Qualität der Vorlagen, wertet sie aber auch nicht erkennbar auf.

So ist „Kult Rock Songs der 1970er Jahre“ eine etwas willkürliche, aber immer noch ordentliche Kompilation von poppigen Pianoballaden ohne eigentliche Rockanteile. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Titel ist allerdings irritierend. „Piano Popsongs der 1970er“ wäre richtiger gewesen.

Das Heft mit praktischer Ringbindung erscheint bei DUX, hat 132 Seiten und kostet 24,80 €.

Inhalt:
„Ain’t No Sunshine“ von Bill Withers
„Desperado“ von Eagles
„Easy“ von The Commodores
„Escape (The Pina Colada Song)“ von Rupert Holmes
„Goodbye Yellow Brick Road“ von Elton John
„Him“ von Rupert Holmes
„I Can See Clearly Now“ von Jimmy Cliff
„I Don’t Like Mondays“ von The Boomtown Rats
„If You Leave Me Now“ von Chicago
„It Never Rains In Southern California“ von Albert Hammond
„Let It Be“ von The Beatles
„Lovely Day“ von Bill Withers
„Me And Mrs. Jones“ von Billy Paul
„Mr. Blue Sky“ ELO
„Reminiscing“ von Little River Band
„Sailing“ von Rod Stewart
„September“ von Earth Wind & Fire
„Sexy Eyes“ von Dr. Hook
„She’s Always a Woman“ von Billy Joel
„Spinning Wheel“ von Blood Sweat & Tears
„Street Life“ von Randy Crawford
„Thank You For The Music“ von ABBA
„The Logical Song“ von Supertramp
„The Long And Winding Road“ von The Beatles
„Three Times A Lady“ von The Commodores
„When I Need You“ von Leo Sayer
„Year Of The Cat“ von Al Stewart
„You Light Up My Life“ von Debby Boone
„You’re So Vain“ von Carly Simon
„Your Song“ von Elton John

3 Gedanken zu „Noten: „Kult Rock Songs der 1970er-Jahre“ von Susi Weiss (Hg.)

  1. Dass auf eine Klavieradaption von den gitarrelastigen Songs von ACDC oder auch Led Zeppelin verzichtet wurde, kann ich irgendwo noch verstehen. Dass aber ein Klavierbooklet mit dem Titel Kult Rocksong gänzlich auf Rocksongs verzichtet ist irgendwie verwunderlich.
    Klar, Rockmusik ist ein dehnbarer Begriff, aber was ist z.B. mit den vielen “Glamrock” Bands die ja Elemente von Klavier bzw. Keyboard verwendet haben? Queen, Slade oder wegen mir Genesis. Da fragt man sich irgendwo wer da was entschieden hat. Könnte mir vorstellen, dass der Titel vom Verlag festgelegt wird. Und da hat es vielleicht jemand nicht so genau genommen…

    • Die haben sich zwar erst 1981 gegründet, aber hätten besser gepasst als alles andere zusammen.

      Habe vor einigen Jahren übrigens mal versehentlich eine Pianoausgabe (!) der Greatest Hits von Metallica bestellt. Sauber notiert in zwei Akkoladen, der totale tonale Irrsinn, klang natürlich völlig daneben und ist auch aus rein mechanischen Gründen nicht gut für’s Instrument. Da bekommt das Wort Metal Hammer noch mal einen tieferen Sinn!

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