Buch: „Die Strassen der Lebenden“ von Helge Timmerberg

Immer unterwegs ist der Reisejournalist Helge Timmerberg und legt, gemessen an der Anzahl der Artikel und Buchveröffentlichungen, auf seine alten Tage eine beeindruckende Schlagzahl vor. Nach dem phantasievollen „Die Märchentante, der Sultan, mein Harem und ich“ (2014), folgte mit „Die rote Olivetti“ (2016) der erste Teil autobiographischer Erinnerungen. Nun erscheint „Die Strassen der Lebenden“. In altbewährter Tradition werden hier „Storys von unterwegs“ ohne oder mit losem Zusammenhang zusammengefasst. Allen gemein ist, dass sie bereits in deutschen Magazinen veröffentlicht wurden, zum Teil allerdings wohl schon vor vielen Jahren (genaue Angaben darüber fehlen), dann wurden sie überarbeitet, umgeschrieben, erweitert und schließlich zu einer Schriftensammlung kompiliert.

Märchenonkel Timmerberg ist in guter Form, bleibt seinem bewährten Erzähl- und Schreibstil treu, schwadroniert unterhaltsam und lehrreich, persönlich und freimütig. Es macht Spaß zu lesen. Allerdings hat man hin und wieder den Eindruck, dass es sich um Geschichten handelt, die bei früheren Zusammenstellungen aussortiert wurden, weil damals besseres Material zu finden war. Es gibt die ein oder andere Länge und nicht jede Geschichte ist rund und ausbalanciert, zum Teil reißen sie ziemlich unvermutet ab, gerade dann wenn man sich in das Setting reingefühlt hat. Es gibt zwischen den Geschichten keinen roten Faden, es bleibt auch unklar in welcher zeitlichen Reihenfolge oder unter welchen (welt-)politischen Bedingungen sie sich zugetragen haben. Meist geht es um die ganz individuelle Wahrnehmung des Erzählers, von den illustren Handlungsorten erfährt man in anderen seiner Bücher mehr.

Interessant ist, dass sich Timmerberg dauerhaft als verpeilter, kiffender, sinnlicher, aber für die wesentlichen Dinge hellwacher Späthippie inszeniert. Wie seine Publikationen belegen, muss er daneben auch ein sehr fleißiger und organisierter Schreiber sein. Das wird in den Geschichten nur am Rande erwähnt und hat dadurch eine feine Eleganz. Make it look easy, darin ist Timme ein Meister seines Fachs.

Gemessen an seinem eigenen Werk hat Timmerberg schon bessere Storysammlungen vorgelegt. Nichtsdestotrotz sind „Die Strassen…“ für Neulinge ein empfehlenswerter Einstieg und für treue Wegbegleiter ein akzeptables Zwischenwerk bis wieder etwas Substanzielleres erscheint, vielleicht ein zweiten Teil der autobiographischen Schrift („Silbernes Macbook“?). Das wäre ein Grund zu feiern.

Das gebundene Buch erscheint bei Malik, hat 208 Seiten und kostet 20 Euro.

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