Fotoband: „Yukon“ von Thomas Stachelhaus, Joey Kelly, Till Lindemann

Till Lindemann ist Sänger und Textdichter der teutonischen Brachialband Rammstein, Joey Kelly ist als Gitarrist der Kelly Family bekannt geworden. Beide haben neben ihren musikalischen Karrieren auch eine sportliche Vergangenheit: Lindemann war in seiner Jugend Leistungsschwimmer, besuchte eine Kinder- und Jugendsportschule und nahm immerhin an einer Jugend-EM teil. Kelly betätigt sich seit geraumer Zeit öffentlichkeitswirksam als Ausdauer- und Extremsportler und nahm u.a. an diversen Marathonläufen, Iron- und Ultraman-Wettkämpfen teil. Zusammen sind die beiden Recken, die bereits seit einigen Jahren privat befreundet sind, nun in einem Kanu den kanadischen Fluss Yukon entlang gepaddelt. Die Unternehmung fand im wesentlichen im Flussbereich statt, der sich über die Yukon-Charley Rivers National Preserve erstreckt und umfasste ca. 300 km, dafür dürften sie eine gute Woche gebraucht haben, präzise Angaben darüber fehlen.

Der Tripp war allerdings von Anfang an nicht nur persönliches Outdoorvergnügen, sondern auch Projektionsfläche für eine starke Inszenierung der beiden Mannsbilder. Mit dabei, anscheinend in einem Extra-Kanu, war der erfahrene Fotograf Thomas Stachelmann, der Joey Kelly schon bei anderen Leistungsschauen begleitet hat. Nun also ein edler Prachtband über einen Kanutripp in Kanada. Die Fotos farbig, großformatig, silber-grün und detailreich. Lindemann gibt sich wahlweise als Dichter und Denker (bei der Buchlektüre, Gedanken notierend) oder Lifestyle-Modell, Joey als umtriebiger Jäger, Sammler und Feuermacher. Die Fotostrecken werden unterbrochen durch Gedichte und Textfragmente (weiß auf schwarzem Grund). Vorangestellt ist ein Doppelinterview mit den Protagonisten, das Buch schließt mit einem informativen Text über den Yukon von Dieter Kreutzkamp, nach eigener Einschätzung Autor und Abenteurer.

Der Fotoband wuchert mit allen Pfunden, die er hat: Querliegende Vollformate über beide Buchseiten, satte Farben, Wasser, Wälder, weite Horizonte und dazwischen die durchtrainierten Leiber der beiden Kämpfernaturen. Das ist beim ersten Durchblättern schön anzusehen, man ist beeindruckt, ob dieser schieren Bildgewalt. Spätestens aber beim zweiten Mal, wenn man den schwergewichtigen Band auf den eigenen Schoß wuchtet, fragt man sich als Betrachter, was die beiden wohl geritten hat, sich so martialisch, maskulin und muskulös in die vermeintliche Wildnis zu stellen und ambitionierte Fotos davon machen zu lassen. Halten sie ihre eigenen körperlichen Erscheinungen bereits für bemerkenswerte Kunstwerke, die fotografisch dokumentiert werden müssen? Die bildästhetische Mischung aus Leni Riefenstahl und Jack Wolfskin-Jahreskatalog hat jedenfalls für Außenstehende etwas befremdliches. Bei manchen Bildern hat man den Eindruck, dass auch Lindemann berechtigte Zweifel überkommen. Kelly dagegen fügt sich seine Rolle als tougher Durchbeißer und denkt sich wohl: Macht sich gut für den nächsten großen Sponsorenvertrag.

Klar war, dass bei der Tour noch ein Text, besser: ein Song rausspringen muss. Und so dichtet sich Lindemann auf Englisch ein Flusslied mit dem überraschenden Titel „Yukon“ zusammen. Der Song erschien allerdings bereits 2015 auf dem Lindemann-Solo-Album „Skills in Pills“. Entweder liegt die Tour daher schon einige Jahre zurück oder der Song war Inspiration zur Tour und nicht umgekehrt, ist aber eigentlich auch egal.

Der gebundene Prachtband mit goldenen Lettern (kein Witz) erscheint bei National Geographic, hat 192 Seiten und kostet bemerkenswerte 79 Euro.

3 Gedanken zu „Fotoband: „Yukon“ von Thomas Stachelhaus, Joey Kelly, Till Lindemann

    • Oh ja, auf einigen Bildern posieren sie mit Pfeil & Bogen / Armbrust, machen sich aber fast in die Hose als sie einen toten Elch im Fluss finden (Bären).

  1. An Silvester lief in der Glotze ein Livekonzert von den Rammstein. Ich dachte erst die würde ich mir live auch mal reinziehen. Aber als dann Flake wie ein Kasper über die Bühne gehüpft ist, konnte ich mich vor Lachen nicht mehr halten.

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