OP: Liegen, Schienen, Krücken (KW50/2018)

Am Freitag vor drei Wochen wurde im Zuge einer OP mein gerissenes Kreuzband im rechten Knie mit einer körpereigenen Sehne ersetzt. Drei Tage lag ich im Krankenhaus, dann durfte ich nach Hause. Die ersten Tage waren sehr beschwerlich: Schon der Weg in die Wohnung (3. Etage, Altbau, kein Aufzug) war sehr anstrengend und ich war froh, als ich endlich oben war. Die folgenden Tage verbrachte ich im Bett: Zeitung, Bücher, iPad, es war etwas langweilig, aber immerhin war ich daheim und ab Nachmitttag waren Familienmitglieder zu Besuch in meinem Zimmer, das sorgte für Abwechslung.

Ganz langsam wurde ich etwas mobiler. Der Verband wurde mit Pflastern ersetzt, die steife Schiene tagsüber mit der beweglichen Schiene (90°-Winkel). Anfangs noch Schmerzmittel (3xIbo 600, dann 2×400, seit zehn Tagen keine) und täglich Bauchspritze gegen Thrombose. Toilettengänge, Schienenwechsel und Waschen waren anfangs eine Qual, dann ging es langsam besser, auch das Laufen mit den Krücken. Zweimal musste ich zum Orthopäden (Papierkram & Verbandswechsel, Fäden ziehen & Verbandswechsel), ab der zweiten Woche 2x wöchentlich zur Physio direkt gegenüber. Das bedeutet aber auch alleine die Treppe runter, zur Praxis, zurück und wieder die Treppe nach oben. Das kostet Kraft und Konzentration, man will ja auf dem Weg keinen Fehler machen, umknicken oder hinfallen.

Schwierig sind vor allem profane Dinge: Kleinigkeiten mit Krücken vom einen ins andere Zimmer transportieren oder der Postmann klingelt an der Tür oder das Telefon klingelt und mal will schnell hinkommen. Alles langsam machen, auch wenn es schnell gehen muss. Ab der zweiten Woche konnte ich Schreibtischarbeiten im Sitzen verrichten, aber immer nur 20-30 Min, danach tat es weh. Beim Gitarrespielen reicht das leichte Gewicht eines akustischen Instruments um mir nach 5 Minuten Schmerzen zu verursachen. Also dazwischen immer wieder ablegen, Bein hoch, Schiene ab und Ober- und Unterschenkel massieren, kleine, nervige Übungen machen. Das erste Vollbad war anstrengend, aber eine Wohltat, danach hatte ich Wasser im Ohr, das nicht mehr raus wollte, Verschluß, Beeinträchtigung des Hörens, Besuch beim HNO, oh Mann.

Inzwischen gehe ich mit Krücken durch die Wohnung, trage tagsüber eine Weste mit Taschen und Reißverschlüssen zum Transpost von Telefonhörer und anderen Kleinigkeiten. Ich gehe weiterhin zur Physio, aber die Muskeln am Oberschenkel haben massiv abgebaut. Ich war schon seit Wochen nicht mehr draußen (außer Physio und HNO), bin genervt und gehe mir und anderen auf den Wecker. Immerhin konnte ich einige schriftliche Arbeiten verrichten, die seit Wochen liegen geblieben waren. Behördenkram, Rezensionen, Blogartikel, Zeitung und Bücher lesen, Emails schreiben, mit Freunden telefonieren. Habe mir vor ein paar Tagen sogar ein Netflix-Probeabo eingerichtet und bin erstaunt wie sich meine Fernsehgewohnheiten quasi über Nacht verändert haben. Endlich kann ich auf der Ebene auch mal Erfahrungen machen und mitreden.

Erst jetzt wird mir bewusst, was für ein massiver, traumatischer Eingriff die Kreuzband-OP für meinen Körper gewesen ist und welche langwierigen Folgen daraus hervor gehen. Sechs volle Wochen lang nur 20% Belastung auf dem operierten Knie, Schienen und Krücken sind eine lange, aber dringend erforderliche Zeit. Und danach kann man nicht einfach Schienen abmachen und Krücken zur Seite legen, sondern muss viele weitere Wochen ganz langsam und vorsichtig Muskelaufbau betreiben, Körperbewegungen geschmeidig machen und Bewegungsabläufe neu automatisieren. Mir wurde ein schriftliches Aufbauprogramm ausgehändigt, das sich über mehr als sechs Monate erstreckt. Ein Zeitraum in dem möglichst alles nach Plan und nichts schief gehen soll, das neue Band könnte wegen eines blöden Schrittfehlers wieder reißen und alles wäre umsonst gewesen. Das darf auf keinen Fall passieren.

Ich übe mich also weiterhin in Geduld, mache meine Übungen und versuche nebenher noch kleine Arbeiten zu verrichten. Wird schon werden. Von den sechs Wochen mit Schiene und minimaler Belastung habe ich immerhin die erste Hälfte hinter mir.

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