Fuschl – Innsbruck – München – Weikersheim – Fuschl

Am Samstag bin ich direkt aus dem Urlaub zur einer kleinen beruflichen Alpen- und Süddeutschlandrundreise aufgebrochen. Von Fuschl ging’s über Salzburg und Bad Reichenhall nach Innsbruck in Tirol. Dort sollte mit meiner musikalischen Mitwirkung eine Hochzeitszeremonie unter freiem Himmel auf einer Alm im Karwendelgebirge abgehalten werden. Wegen ungünstigen Witterungsbedingungen musste die Prozedur allerdings bereits vorab in eine kleine, hübsche Kapelle ein paar Höhenmeter tiefer verlegt werden. Ich kam dort frühzeitig an, konnte aber den Innenraum noch nicht in Augenschein nehmen, weil vorher noch eine Taufe stattfand. Kurze Zeit später ging’s dann aber los, es wurde etwas umgestellt, ich machte einen kleinen Check mit der Akustikgitarre, zog ich mich rasch um und nahm meinen Platz neben dem Altar ein. Es war eine sehr stimmungsvolle und ergreifende Zeremonie. Ich spielte ein Instrumental zum Brauteinzug und sang zwei Popsongs zur Gitarrenbegeleitung. Danach flotter Umzug zum feiern in ein nahegelegenes Gasthaus. Dort stießen dann auch meine Mitmusiker zu mir, wir spielten erst zum Aperitif und danach zu Abendessen und Tanz bis tief in die Nacht bzw. fast schon in den nächsten Morgen. Es war ein wunderbares Fest mit hervorragenden Gastgebern. Die Nacht verbrachten wir in einer Privatwohnung direkt in Innsbruck und den nächsten Vormittag schlenderte ich bei strahlendem Sonnenschein durch die Altstadt. Die Band war bereits morgens Richtung Norden abgefahren.

Nachmittags ging’s für mich über Garmisch nach München, wo ich mich am Mo für einen weiteren freien Tag aufhielt. Neben Verwandten- und Freundesbesuchen fuhr ich zum Stachus, lief zu Fuß zum Marienplatz und legte darauf kleine Stopps am Viktualienmarkt, Ludwig Beck, Hieber und Manufactum ein. Danach zum Haus der Kunst, es gab dort aber nichts, was mich interessierte, also weiter den Surfern am nahegelegenden Eisbach zusehen, durch den Englischen Garten zum Chinesischen Turm und von da aus weiter Richtung Schwabing, wo ich einen alten Studienfreund in dem erst kürzliche errichteten und bezogenen, zukunftsweisenden Hauskomplex einer Immobiliengenossenschaft besuchte. Nach der Begrüßung machte er mit mir einen Rundgang und ich war tief beeindruckt ob der Durchdachtheit des gesamten Konzepts. Neben den klug aufgeteilten Wohnungen gibt es Wasch- und Trockenräume, Räume für Spiel, Sport und Musik, Werkstätten, ein kleines Café, Sitzungsräume, Freiluftbühne, eine Dachterrasse mit Gemüse- und Blumenbeeten, darüber hinaus noch von den Bewohnern buchbare Zimmer für Übernachtungsgäste, eine geräumige Fahrradgarage. Die Genossenschaft stellt eBikes und eine Carsharinganbieter eAutos zur Verfügung, die praktischerweise in der eigenen Tiefgarage geparkt sind und mit selbsterzeugtem Solarstrom betankt werden. Das Projekt ist bzgl. urbaner Stadtentwicklung so außergewöhnlich, dass Delegationen von Interessierten aus aller Herren Länder kommen um sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Diese Woche wurde darüber in der SZ berichtet. Wow!

Di ging’s nachmittags weiter nach Weikersheim, wo wir in der Orangerie des Schlosses für eine internationale Schifffahrtsgesellschaft (drei F) zu Tanz und Cocktail spielten. Ich hatte in Innsbruck mein komplettes Equipment der Einfachheit halber meinen Mitmusikern mitgegeben. Als wir alle angekommen waren, packten wir aus, trugen die Sachen rein und beim Aufbau stellte ich bestürzt fest, dass meine E-Gitarre fehlte. Das war ein kleiner Schock und wir mussten uns schnell was einfallen lassen. Es kam noch dazu, dass völlig unklar war, wo sich meine vielgespielte Lieblingsgitarre genau befand. Vielleicht noch in Innsbruck? Oder in Schweinfurt? Oder war sie beim Umpacken an irgendeiner Autobahnraststätte stehengelassen worden? Es gab einige denkbare und zum Teil sehr unglückliche Varianten für den Verbleib, konnte aber im Augenblick nicht zweifelsfrei geklärt werden. Zum Glück hatte ich noch meine klassische Gitarre im Auto, die ich für die Hochzeitszeremonie in Innsbruck benutzt hatte, sie war jetzt meine Rettung. Mit einem Kontrabassmikro, einigen Kabeladaptern und einem Stativ bastelten wir eine Abnahmemöglichkeit. Weil an der Gitarre kein Gurt befestigt werden konnte, organisierte ich einen Barhocker und so fanden wir zusammen eine schnelle, halbwegs praktikable Lösung. Nachteil war, dass ich die ganze Zeit nah am Mikro bleiben musste, mich also kaum bewegen konnte und kaum Blickkontakt mit den Mitmusikern herstellen konnte. Zudem war ich trotzdem so leise, dass ich beim Singen mein eigenes Gitarrenspiel kaum gehört habe und meine Gesangsintonation von Kontrabass und Saxophonlinien ableiten musste. Kein optimalen Bedingungen für einen Sänger, aber musste irgendwie gehen. Meinem Mitmusiker, der mit der mit dem Transport der Gitarre betraut gewesen war, war die Sache furchtbar peinlich und er versuchte den ganzen Abend zu beschwichtigen. Es klänge auch so ganz toll, wäre eben ‚real acoustic music’ und überhaupt würde ich auf dem Barhocker sehr authentisch und liedermachermäßig rüber kommen. Ich bedankte mich freundlich dafür, dass er mir diese einmalige Gelegenheit verschafft hatte.
Lief aber letztlich alles gut, das musizieren hat trotz widriger Bedingungen Spaß gemacht. Das Publikum bestand hauptsächlich aus Australiern und US-Amerikanern im etwas vorangeschrittenem Alter, grundsätzlich also eine sehr wohlwollende und dankbare Zuhörerschaft. Es wurde viel getanzt, egal, ob der spezielle Tanzschritt nun bekannt war oder auch nicht. Wir bekamen viel Lob, Applaus und freundliche Blicke („Wonderful dance music“, „Outstandig performance“, „Very entertaining!“). Mein einzige Sorge war: Wo ist nur meine gute Klampfe abgeblieben? Musste mich mit eine Antwort auf diese Frage aber noch gedulden. Nach dem letzten Song („Moonlight Serenade“) schnell zusammengepackt und durch Nacht und Nebel über Berge und Täler zurück nach München, dort übernachtet und morgens weiter bzw. zurück nach Fuschl. Heute Mittag kam als Email folgende Nachricht meines Mitmusikers:

„Optisches Phänomen oder gemeiner Trickbetrug ?! (SW) – Unter Zuhilfenahme einer sog. Quodlumenlux-Filter-Brille konnte in einem Schweinfurter Musikinstitut eine verloren geglaubte Gitarre eines Würzburger Musikers wiedergefunden werden.“

Meine geliebte Guild X-160 ist also da, alles ist gut, es kann weiter gehen.

5 Gedanken zu „Fuschl – Innsbruck – München – Weikersheim – Fuschl

  1. Erinnert mich an einen Belmondofilm oder auch an das Movie Crank.
    Tritt ein bisschen kürzer, Mann, möchte man Dir zurufen 🙂
    Bei soviel Trubel kann natürlich das “Haus der Kunst” nichts adäquates bieten.
    Aber was sag ich: Habe ich ja selbst auch schon so praktiziert.

    • @Gerhard: Awa, räume mir immer wieder ausgedehnte Zeiten des Müßiggangs ein. Bin wie ein Löwe: Liege den halben Tag in der Sonne, begebe mich dann neugierig auf die Pirsch und wenn sich die Gelegenheit ergibt, schlage ich blitzschnell zu!
      Bin bei meinem Tag in München tatsächlich vom Karlsplatz (Stachus) über Marienplatz und Englischen Garten bis nach Schwabing Nord gelaufen. War super, aber ganz schön weit, meine Füße haben danach mehr weh getan als nach meinen alpinen Wanderungen! Schade, dass ich für die Strecken der letzten Tage kein Kilometergeld bekomme. Dafür aber schöne Erlebnisse und wohlverdiente Gagen.

  2. @B&G: Nee, nee, nix barfuss. Alles cool, diesmal hatte ich Meindl an, sogar vorher eingelaufen, da drückt nichts, these boots are made for walking, höhö.

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